Was ist Bettlägerigkeit?
Bettlägerigkeit bedeutet eine längerfristige Situation, in der der Betroffene nicht mehr aus dem Bett aufstehen kann. Es handelt sich dabei um einen unfreiwilligen Zustand aufgrund von schwerer Krankheit oder eines Unfalls. Davon abzugrenzen ist die sogenannte “Bettruhe”. Diese ist eine zeitlich befristete und zum Zwecke der Gesundung herbeigeführte Situation. Oft ist eine Bettruhe bei akuter Erkrankung oder nach einer Operation angezeigt. Dieser Zustand wird nach der Genesung jedoch wieder aufgehoben und der Patient wieder mobil gemacht.
Wenn jemand bettlägerig wird, passiert dies oft in einem schleichenden Prozess, der zunehmenden Einschränkung auf einen Ort. Wenn man dies frühzeitig erkennt und vorsorgt, kann man viele Faktoren, die zur Bettlägerigkeit führen können, ändern. Damit kann das Schicksal einer langen Bettlägerigkeit vermieden werden.
Wie kommt es zu Bettlägerigkeit?
Die Ursachen für Bettlägerigkeit sind vielfältig und insbesondere im höheren Lebensalter steigt das Risiko hierfür. Körperliche Einschränkungen durch Unfälle oder Erkrankungen, welche die Beweglichkeit stark beeinträchtigen, sind dabei häufige Auslöser. Aber auch psychische Belastungen können eine Bettlägerigkeit begünstigen. Bettlägerigkeit kann auch in jüngeren Jahren aufgrund einer Krankheit, einer Verletzung oder einer Behinderung auftreten. Häufige Ursachen von Bettlägerigkeit sind körperliche Einschränkungen wie Lähmungen oder chronische Schmerzen, neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall oder Parkinson, Unfälle oder Verletzungen, oder chronische Krankheiten wie Krebs oder Arthritis.
- Körperliche Einschränkungen: Hierzu gehören beispielsweise Lähmungen, die Bewegungen unmöglich machen, oder chronische Schmerzen, die eine Bewegung einschränken.
- Neurologische Erkrankungen: Krankheiten wie Schlaganfall, Demenz oder Parkinson können dazu führen, dass eine Person bettlägerig wird.
- Unfälle oder Verletzungen: Schwere Verletzungen, die zu einer Einschränkung der Mobilität führen, können ebenfalls zu Bettlägerigkeit führen.
- Chronische Krankheiten: Chronische Krankheiten wie Multiple Sklerose, Krebs oder Arthritis können in späteren Stadien zu Bettlägerigkeit führen.
- Psychische Ursachen: Angst vor Stürzen, schwere Depressionen oder auch der Verlust sozialer Kontakte können zum dauerhaften Rückzug ins Bett führen.
Die 5 Phasen auf dem Weg zur Bettlägerigkeit
Dr. Angelika Zegelin hat sich als Pflegewissenschaftlerin mit dem Thema Bettlägerigkeit ausführlich beschäftigt und 5 Phasen herausgearbeitet, die einer Bettlägerigkeit meist vorausgehen. Dabei stellt die 5. Stufe die vollständige Immobilität und damit die eigentliche Bettlägerigkeit dar. Wir haben hier diese Phasen übersichtlich für Sie zusammengefasst.
Phase 1 – Instabilität
Vor dem Eintritt der Bewegungsunfähigkeit treten Schwierigkeiten beim Gehen auf, die durch Wackeligkeit, Vorsicht und Schwindelgefühl charakterisiert sind. Man wagt sich kaum noch ohne Unterstützung außer Haus, die meisten sind auf einen Gehstock oder einen Rollator angewiesen. Einige Betroffene sind nahezu ausschließlich im eigenen Heim unterwegs, stützen sich dabei an vertrauten Möbelstücken ab und haben bereits Stürze erlebt. Ein Teil der Betroffenen hat bereits Veränderungen in ihrem Wohnumfeld vorgenommen, indem sie Möbel umgestellt und persönliche Gegenstände näher positioniert hatten. Diese Änderungen wurden entweder in Eigeninitiative oder auf Empfehlung eines Wohnberaters durchgeführt.
Phase 2 – Ereignis
In dieser Phase kommt es häufig zu Ereignissen, wie einem Krankenhausaufenthalt oder einem Sturz, die die Mobilität stark beeinträchtigen – auch wenn der Krankenhausaufenthalt nicht direkt mit der Beweglichkeit zusammenhängt, so wird sie durch die Umstände stark eingeschränkt. Ein Umzug in ein Pflegeheim kann ebenfalls dazu führen, dass die Mobilität abnimmt, insbesondere wenn dem Bewohner alle Tätigkeiten abgenommen werden, die er eigentlich noch selbst ausführen könnte.
Phase 3 – Immobilität im Raum
In dieser Phase sind die Personen zunehmend in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt. Sie wechseln nur zwischen Sofa, Rollstuhl oder Sessel und legen sich auch tagsüber manchmal ins Bett. Beim Gehen sind sie auf Hilfe angewiesen und können nur wenige Schritte machen. Der Verlauf in dieser Phase ist entscheidend. Mit geeigneten Hilfen und einer positiven Bewältigung kann die Bettlägerigkeit lange hinausgezögert werden. Dabei spielt die Häufigkeit des Wechsels zwischen Liegen und Sitzen, die vom Betroffenen selbstbestimmt sein sollte, eine wichtige Rolle. Wenn Pflegebedürftige jedoch selten und dann zu lange außerhalb des Bettes sitzen und dabei zu lange keine Hilfe beanspruchen können, versuchen sie diese Situation in Zukunft zu meiden.
Phase 4 – Ortsfixierung
In diesem Stadium sind Pflegebedürftige nicht mehr in der Lage, sich selbstständig zwischen verschiedenen Orten wie dem Bett, Rollstuhl, Sessel oder der Toilette zu bewegen. Sie sind darauf angewiesen, dass ihnen beim Transfer geholfen wird. Diese Phase markiert den entscheidenden Eintritt in die Bettlägerigkeit. Es ist nun abhängig von den Umständen und den Pflegenden, wo und wie die betroffenen Personen den Tag verbringen können.
Phase 5 – Bettlägerigkeit
In der Phase der Bettlägerigkeit sind die Betroffenen 24 Stunden am Tag im Bett und können nicht mehr aufstehen. Sie sind „streng bettlägerig“. Diese Menschen verlassen auch für den Toilettengang nicht mehr das Bett und benutzen Vorlagen („Windeln“) für ihre Ausscheidungen. Sie sind vollständig auf die Hilfe anderer angewiesen und benötigen für jede Tätigkeit eine Unterstützung.
Komplikationen einer Bettlägerigkeit
Das dauerhafte Liegen kann zu verschiedenen Komplikationen führen, sowohl körperlicher als auch psychischer Natur. Der Körper ist nicht auf dauerhaftes Liegen ausgelegt und die mangelnde Bewegung führt häufig zu einigen Schwierigkeiten.
Komplikationen des dauerhaften Liegens
- Liege- oder Dekubitusgeschwüre – durch den ständigen Druck auf bestimmte Körperstellen kann es zu Wunden und Druck-Geschwüren kommen, die schwer zu behandeln sind.
- Muskelabbau und Bewegungseinschränkungen – bei längerer Bettlägerigkeit bauen die Muskeln ab und es kann zu einer Einschränkung der Bewegungsfähigkeit kommen.
- Abbau der Knochendichte – Das Osteoporose-Risiko steigt an
- Gelenke versteifen – Durch die Unbeweglichkeit können die Gelenke ihre Beweglichkeit verlieren und immer weiter versteifen
- Gestörter Stoffwechsel – Durch den Bewegungsmangel ist der Stoffwechsel gestört und es kann zu Verstopfungen, Appetitlosigkeit oder Gewichtszunahme kommen.
- Thrombose – Auch die Gefahr einer Thrombose steigt deutlich an, wenn man das Bett nicht mehr verlässt.
- Atemwegsinfektionen und Lungenentzündung – Durch das längere Liegen kann es zu einer Schwächung des Immunsystems und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen kommen.
- Verwirrtheit und Demenz – Bei längerer Bettlägerigkeit kann es zu einer Einschränkung der geistigen Fähigkeiten kommen, was sich in Verwirrtheit und Demenz äußern kann.
- Soziale Isolation und Depressionen – Menschen, die lange Zeit ans Bett gefesselt sind, leiden oft unter Einsamkeit und sozialer Isolation, was zu Depressionen führen kann.
Es ist daher wichtig, einer Bettlägerigkeit möglichst frühzeitig entgegenzuwirken und regelmäßige Bewegung und Aktivitäten zu fördern, um Komplikationen zu vermeiden oder zu reduzieren.
Wie kann man Bettlägerigkeit vermeiden?
Es ist wichtig zu erwähnen, dass nicht alle Ursachen von Bettlägerigkeit vermeidbar sind. Dennoch gibt es Schritte, die man ergreifen kann, um das Risiko zu reduzieren.
Wie kann man einem Bettlägerigen Erleichterung verschaffen?
Wenn die Bettlägerigkeit unausweichlich und es aufgrund von Krankheit, einem Unfall oder anderen zwingenden Umständen nicht zu vermeiden ist, dass der Betroffene 24 Stunden im Bett verbringen muss, so kann man ihm durch einige Maßnahmen den Alltag dennoch erleichtern. Besonders ein Mitspracherecht und das Fördern der Äußerung eigener Wünsche ist hier hervorzuheben. Der Pflegebedürftige sollte auch in totaler Abhängigkeit keine Herabwürdigung empfinden und sich als wertvoll und eigenständig erleben können.
Was kann man als Pflegender nun also tun, um es dem Pflegebedürftigen leichter zu machen, sich wohlzufühlen?
Zunächst empfehlen wir pflegenden Angehörigen einen Pflegekurs. Dieser vermittelt den richtigen Umgang und die körperliche und psychische Entlastung bei der sehr herausfordernden Pflege eines Bettlägerigen. Hebetechniken, Lagerung und Mobilisation von Personen werden hier ebenso vermittelt wie die Durchführung der Körperpflege und Wundversorgung. Ein Pflegekurs ist kostenlos und wird von den Pflegekassen angeboten.
Geeignete Hilfsmittel sind ebenfalls immens wichtig. Dabei nimmt die Lagerung und regelmäßige Umlagerung des Pflegebedürftigen einen hohen Stellenwert ein. Hier werden verschiedene Hilfsmittel zur Dekubitusprophylaxe angeboten. Auch Mobilitätshilfen, wie Rollstühle, Toilettenstühle oder Umsetzhilfen, erleichtern den Pflegealltag. Im Rahmen der häuslichen Pflege kommen somit täglich verschiedene Pflegehilfsmittel zum Einsatz, die von der Pflegekasse mit bis zu 40 € pro Monat erstattet werden. Zu den Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch gehören unter anderem Desinfektionsmittel, Händedesinfektion, Einmalhandschuhe und Bettschutzeinlagen.
Die Beschäftigung des Pflegebedürftigen sollte ebenfalls anregend gestaltet werden. Das Bett kann beispielsweise umgestellt werden, so dass der Bettlägerige am Geschehen besser teilnehmen oder auch aus dem Fenster schauen kann. Oder lassen Sie auch einmal die Lieblingsmusik oder ein Hörspiel laufen. Regen Sie den Tastsinn durch Fühlkissen oder Stofftiere an. Auch gemeinsames Lesen von Büchern oder Tageszeitungen kann belebend wirken. Es gibt viele Möglichkeiten für Ablenkung und Beschäftigung zu sorgen, lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf und vor allem, fragen Sie auch den Pflegebedürftigen, was er sich wünscht und vielleicht gerne machen würde.
Binden Sie den Bettlägerigen in Entscheidungen ein. Hier geht es nicht nur um die großen Entscheidungen, welcher Pflegedienst zu beauftragen ist, oder welches Pflegebett bequemer, sondern vor allem auch um die kleinen Entscheidungen im Alltag. Was möchte der Betroffene gerne anziehen? Wie trägt Er oder Sie gern die Haare? Hier kann auch ein mobiler Friseur bestellt werden. Ein gepflegtes Äußeres trägt massiv zum Wohlbefinden bei.
Fragen Sie nach, wie und in welcher Reihenfolge gewaschen werden soll. Die Körperpflege abzugeben ist nicht leicht und ein Mitspracherecht kann auch hier zu einem gesteigerten Selbstwertgefühl führen.
Auch das Essen und die jeweiligen Vorlieben dabei sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Auch wenn gefüttert werden muss, kann das Essen appetitlich angerichtet werden.
Fazit Bettlägerigkeit
Bettlägerigkeit ist ein Zustand, der oft mit Einschränkungen und Komplikationen verbunden ist und zu einer Einschränkung der Lebensqualität führt. Die Ursachen können vielfältig sein und reichen von Krankheiten über Verletzungen bis hin zu sozialen Faktoren. Eine rechtzeitige Vorbeugung und Erkennung von Risikofaktoren können dazu beitragen, eine Bettlägerigkeit zu vermeiden oder so lange es geht, hinauszuzögern. Wenn eine Bettlägerigkeit jedoch unausweichlich ist, wird eine qualitativ hochwertige Pflege und Betreuung unerlässlich, um Komplikationen zu vermeiden und eine bestmögliche Lebensqualität zu gewährleisten. Es ist wichtig, dass Pflegekräfte und Angehörige geschult und sensibilisiert werden, um die Bedürfnisse von bettlägerigen Patienten zu erfüllen und ihnen ein würdevolles Leben zu ermöglichen.
Zuletzt geändert:
Quellen
«Festgenagelt sein» – Der Prozess des Bettlägerigwerdens durch allmähliche Ortsfixierung von Angelika Zegelin https://www.peterschaufler.at/downloads/peterschaufler-festgenagelt-zegelin-2015-e4a47bc7.pdf
https://www.pschyrembel.de/Bettl%C3%A4gerigkeit/T0010
Bewegung, Mobilisation und Positionswechsel in der Pflege; Anleitungen für die tägliche Praxis Waltraud Steigele; Springer Berlin, Heidelberg https://doi.org/10.1007/978-3-662-60538-7