Was ist eine extraurethrale Inkontinenz?
Bei der extraurethralen Inkontinenz kommt es zu plötzlichem oder ständigem, unphysiologischem Urinverlust über andere Ausgänge, beispielsweise über Vagina, Darmausgang oder Haut. Dahinter steckt meistens eine organische Fehlbildung in Form eines Fistelgangs der unteren Harnleiter. Über eine solche Fistel geht dann kontinuierlich Harn ab. In der Regel lässt sich diese Form der Inkontinenz jedoch gut chirurgisch behandeln.
Extraurethrale Inkontinenz: Symptome
Die Symptome der extraurethralen Inkontinenz ähneln meist denen der allgemeinen Inkontinenz. Jedoch können die Patienten ihre Blase häufig bewusst und geplant auf natürliche Weise auf der Toilette entleeren und den Harndrang kontrollieren. Allerdings kommt es bei dieser Form der Erkrankung durch die organische Fehlbildung im Harnbereich zugleich zu einem permanenten, unkontrollierten Abgang von Harn über eine andere Körperöffnung. Bei dieser Körperöffnung kann es sich um den Anus, die Scheide oder auch die Haut handeln.
Extraurethrale Inkontinenz im Alltag
Wer unter Symptomen der extraurethralen Inkontinenz leidet, sollte schnellstmöglich einen Arzt aufsuchen. Diese Form der Inkontinenz sollte so früh wie möglich therapiert werden. Es ist wichtig, dass Betroffene den Leidensdruck nicht aus falscher Scham heraus erdulden, sondern das offene Gespräch mit einem Mediziner suchen.
Inkontinenzhilfsmittel schaffen Abhilfe
Um den Alltag mit Inkontinenz zu erleichtern, gibt es diverse Hilfsmittel. Besser gesagt: aufsaugende Hilfsmittel. Sie helfen, den unkontrolliert abgehenden Harn zuverlässig aufzunehmen. Hier kommen vor allem Inkontinenzartikel wie Einlagen für Frauen, Einlagen für Männer, Windeln für Erwachsene und Windelhöschen zum Einsatz. Funktionell-anatomische Hilfsmittel wie Inkontinenztampons können dazu beitragen, dass der Harn gar nicht erst austritt. Ob diese eine Option sind, muss der Arzt je nach Ursache und Ausgangslage der Erkrankung individuell entscheiden.
Häufigkeit der extraurethralen Inkontinenz
Schätzungen zufolge tritt die allgemeine Harninkontinenz bei zehn Millionen Menschen in Deutschland auf. Die extraurethrale Inkontinenz stellt dabei jedoch eine sehr seltene Form der Inkontinenz dar. Auch hiervon sind allerdings vorwiegend weibliche Personen betroffen – insbesondere leiden diese unter Fisteln, welche die Harnwege mit den Geschlechtsorganen, etwa mit der Scheide, verbinden.
Ursachen – Warum entsteht eine extraurethrale Inkontinenz?
Bei einer extraurethralen Inkontinenz kann die Blase den Urin meist ganz normal speichern. Auch der Schließmuskel der Blase ist bei dieser Form der Inkontinenz für gewöhnlich nicht funktional beeinträchtigt. Vielmehr zeichnet sie sich durch einen Urinabgang an einem falschen Ausgang aus, etwa durch After oder Vagina. Dabei ist die Ursache hierfür angeboren oder erworben.
Angeborene extraurethralen Inkontinenz
Die angeborene Form der extraurethralen Inkontinenz ist zurückzuführen auf eine Fehlbildung der Harnleiter, etwa eine falsche Mündung der unteren Harnleiter, eine Vorwölbung der Blase oder eine unphysiologische Anlage der Harnröhre.
Erworbene extraurethrale Inkontinenz
Die erworbene extraurethrale Inkontinenz tritt meistens bei Erwachsenen auf, wobei die häufigste Ursache eine Urinfistel ist. Dabei handelt es sich um einen völlig neu gebildeten Verbindungskanal, durch den Harn fälschlicherweise abgeleitet wird. Ein Beispiel hierfür ist die Blasen-Scheiden-Fistel.
Wie entstehen Fisteln?
Eine Fistel im Bereich der Harnleiter, durch die Harn fälschlicherweise durchläuft, entsteht durch verschiedene Erkrankungen.
Ursache einer Fistelbildung:
- chronische Darmentzündung
- Folge von Operationen
- während der Geburt (bei Frauen)
- Bestrahlung
- Tumore
- Verletzungen des Unterleibs
- primäre Blasenerkrankung
Welche Fistelarten unterscheidet man?
Fisteln entstehen zwischen verschiedenen Organen. Hinter einer extraurethralen Inkontinenz stecken häufig:
- Fisteln der Harnröhre (urethrale Fisteln)
- Harnleiterfisteln (Ureterfisteln) und
- Blasenfisteln
Unterschiede Harnleiterfistel, Blasenfistel, Harnröhrenfistel
Harnleiterfisteln stellen Verbindungen zwischen Harnleiter und Vagina, Darm, Uterus oder Bauchhaut dar. Blasenfisteln hingegen verbinden die Harnblase mit der Scheide, der Bauchhaut oder dem Uterus (Gebärmutter). Im Gegensatz dazu entstehen Harnröhren-Fisteln zwischen der Harnröhre und der Vagina oder der Haut.
Extraurethrale Inkontinenz: Diagnose
Ein Anamnesegespräch beim Arzt wird den ersten Verdacht auf die extraurethrale Inkontinenz lenken. Dieser wird mittels einer körperlichen Untersuchung weiter geprüft. Diese bezieht sich insbesondere auf den Genitalbereich sowie auf die Analregion. Weiterhin ist es sinnvoll, dass der Patient ein sogenanntes Miktionsprotokoll führt. Dabei wird über mindestens zwei Tage dokumentiert, wie oft, zu welchen Zeitpunkten und wie viel Harn abgeht. Eine Untersuchung des Urinsediments sowie das Anlegen einer Urinkultur im Labor können Hinweise auf bakteriell bedingte Erkrankungen der Harnwege liefern. Weitere diagnostische Methoden, die infrage kommen, sind der Windeltest, eine Ausscheidungsurographie und die Urethrozystoskopie.
Sonographie zur Diagnostik
Bildgebende Untersuchungen des gesamten Harnsystems, etwa eine Sonographie der oberen und der unteren Harnwege, erlaubt dem Arzt, die genaue Ursache der extraurethralen Inkontinenz herauszufinden. Hierbei kann dieser auch die genaue Lokalisation der Fistel, sofern diese ursächlich für die Erkrankung ist, ausfindig machen.
Therapie extraurethrale Inkontinenz?
Die genaue Therapie richtet sich nach der vorliegenden Ursache der Erkrankung. Dabei ist das generelle Ziel, die normale Kontinenz wiederherzustellen – nach Möglichkeit durch den Verschluss des offenen, unphysiologischen Fistelganges. Ist die extraurethrale Inkontinenz angeboren, kommt für viele Betroffene eine Operation infrage. Alternativ, sofern diese nicht möglich ist, wird der Urin über Hilfsmittel, insbesondere über Katheter, abgeleitet.
Behandlung der erworbenen extraurethralen Inkontinenz
Die erworbene extraurethrale Inkontinenz kann ebenfalls häufig mithilfe eines chirurgischen Eingriffs behandelt werden. Ist ein Fistelgang die Ursache der Erkrankung, kann dieser oft operativ verschlossen werden. Dieser Eingriff hat das Ziel, den normalen Weg des Harns über die Harnröhre auf Dauer wiederherzustellen.
Operation: Blasenschließmuskel muss intakt sein
Damit die Fehlbildung frühzeitig durch eine Operation behoben werden kann, ist es wichtig, dass der Schließmuskel der Blase funktionsfähig ist. Auch die angrenzenden Nervenbahnen sowie die weiteren Funktionen der Blase sollten unbeeinträchtigt sein, damit ein chirurgischer Eingriff erfolgversprechend ist.
Wenn nötig, können allerdings funktional geschädigte Teile wie der Schließmuskel durch Implantate ergänzt oder ersetzt werden. Dies ermöglicht es den Betroffenen, die Blase manuell zu entleeren. Medikamente werden in der Inkontinenz-Therapie für gewöhnlich nicht eingesetzt.
Fazit
Extraurethrale Inkontinenz ist zwar eine seltene, aber eine ernstzunehmende Krankheit. Denn ohne geeignete Therapie oder Hilfsmittel besteht ein Leben mit viel Einschränkung und Entbehrung. Deswegen ist jeder Betroffene aufgerufen, sich in die vertrauensvollen Hände eines Arztes zu begeben, um angemessene Hilfe zu erhalten.
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