Was ist eine Reizblase?

Eine Reizblase bezeichnet ein Symptom, bei dem man häufigen Harndrang verspürt, oft mit dem Gefühl, sofort auf die Toilette zu müssen, auch wenn die Blase nicht vollständig gefüllt ist. Häufige Blasenentleerungen in kleinen Mengen ist das Hauptkennzeichen und wird auch Pollakisurie genannt. Wenn man also innerhalb von 24 Stunden häufiger als 10 Mal auf die Toilette muss, spricht der Mediziner von einer Reizblase. Gelegentlich kann dieser Drang auch zu unkontrolliertem Wasserlassen führen, was als Dranginkontinenz bekannt ist. Eine Reizblase kann verschiedene Ursachen haben, darunter Entzündungen, Infektionen, neurologische Probleme oder Muskelprobleme in der Blase. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer.

Reizblase Symptome

Überfallartig überkommt Betroffene der Harndrang. Dann bleibt nur noch der rasche Gang zur Toilette. Mindestens achtmal täglich meldet sich die Blase. In schwereren Fällen schaffen die Betroffenen es oft nicht einmal mehr rechtzeitig zur Toilette. Mediziner sprechen vom Syndrom der überaktiven Blase – Reizblase oder Stressblase genannt. Manchmal geht der Toilettengang auch mit leichten Schmerzen beim Wasserlassen einher. Schätzungen zufolge leiden zwischen 10 und 20 Prozent der Erwachsenen bereits in jüngeren bis mittleren Jahren an diesem Krankheitsbild. Unter den Älteren leidet sogar jeder Zweite an einer Reizblase. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. In leichteren Fällen einer Blasenreizung hilft bereits eine Veränderung der Lebensgewohnheiten, am besten in Verbindung mit Beckenbodentraining. In schwereren Fällen besteht darüber hinaus die Möglichkeit der Nervenbeeinflussung.

Symptome im Überblick

  • starker Harndrang, ohne gefüllte Blase
  • kleine Harnmengen trotz starkem Drang
  • manchmal leichte Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen (Abklärung Blasenentzündung)
  • in manchen Fällen ziehende Unterleibsschmerzen
  • möglicher unkontrollierter Urinverlust in kleinen Mengen
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Diagnose Reizblase

Im Falle einer vermuteten Reizblase erfragt der behandelnde Arzt zunächst die Beschwerden, Vorerkrankungen sowie Ess- und Trinkgewohnheiten des Patienten. Dabei helfen kann das Führen eines Tagebuchs über Urinmenge, Trinkverhalten und Toilettengänge. Ebenfalls grundlegend ist eine Untersuchung des Körpers inklusive eines Ultraschalls der Harnblase. Hinzu kommt die Untersuchung von Urin und Blut, um Infektionen beziehungsweise Erkrankungen der Harnwege auszuschließen. Auch weiterführende Untersuchungen, so beispielsweise eine Harnflussmessung, eine Harnblasendruckmessung oder eine Röntgenuntersuchung von Blase und Harnröhre mit Kontrastmittel, sind eine Möglichkeit. Bei Verdacht auf Erkrankungen von Harnblase und Harnröhre, darunter auch Blasenkrebs, empfiehlt sich zudem die Durchführung einer Blasenspiegelung.

Ursachen einer Reizblase

Als Auslöser einer Reizblase kommen viele verschiedene Ursachen in Betracht. Bei Frauen kann sie infolge einer Scheiden- oder Gebärmuttersenkung oder häufig wiederkehrender Blasenentzündungen entstehen. Das gilt besonders dann, wenn der Beckenboden durch Geburten, Übergewicht, Belastungen oder Unterleibsoperationen geschwächt ist.

Bei Männern begünstigt eine gutartige Prostatavergrößerung die Entstehung einer Reizblase. Darüber hinaus kommen auch Tumoren, Medikamente und Blasensteine als Auslöser in Betracht.

Zudem hat die überaktive Blase eine psychologische Komponente. Stress begünstigt ihre Entstehung. Manchmal beschränken sich die Probleme einzig und allein auf den Arbeitsplatz. Stressabbau, so beispielsweise in Form von Yoga oder Progressiver Muskelentspannung, lindert demnach die Symptomatik. Eine Reizblase ist nicht nur ein Schicksal. Je nach Ursache bespricht der behandelnde Arzt mit dem Patienten die entsprechenden Therapiemöglichkeiten. Wichtig ist lediglich, sich möglichst frühzeitig an jemanden zu wenden.

Die Reizblase als Ausschlussdiagnose

Die genaue Ursache für die Entstehung des Krankheitsbildes ist und bleibt Grundlage zahlreicher Spekulationen. Vermutlich gründet sie sich auf eine gestörte Regulation der Blasenmuskelaktivität – ein Zusammenziehen des Blasenmuskels trotz unzureichender Füllung der Blase. Verstärkend wirken Faktoren wie Stress oder Nervosität, hormonelle Veränderungen, jahrelang zu häufige oder zu seltene Toilettengänge, altersbedingte Veränderungen der Harnwege sowie Verstopfung oder Übergewicht. Darüber hinaus kann auch eine Schwangerschaft oder Gebärmuttersenkung bei Frauen und eine Vergrößerung der Prostata bei Männern Auslöser sein. Übrigens ist die Diagnose der Reizblase oder Stressblase – ähnlich wie die Diagnose des Reizdarms – eine Ausschlussdiagnose. Das heißt, dass die Diagnose erst im Falle ausführlicher Diagnostik ohne Ergebnis gestellt wird.

Schaubild Reizblase

Therapie bei diagnostizierter Reizblase

Die Behandlung einer Reizblase beinhaltet zunächst immer den Versuch, die Beschwerden des Patienten ohne Medikamente einzudämmen. Hierfür empfiehlt sich eine Verbindung aus Verhaltenstherapie und Beckenbodentraining. Die Verhaltenstherapie basiert auf dem Führen eines Tagebuchs. Auf diese Art und Weise analysiert der behandelnde Arzt das Trink- und Toilettenverhalten des Patienten – und erstellt anschließend einen Plan für ein Blasentraining.

Betreiben Sie Beckenbodentraining

Das Beckenbodentraining, idealerweise durchgeführt unter Anleitung eines Physiotherapeuten, wirkt insbesondere der Blasenschwäche einschließlich des unwillkürlichen Verlusts von Urin entgegen. Verstärkt werden kann der Trainingserfolg durch Biofeedback. Hierbei messen im Dammbereich angebrachte Elektroden die Muskelanspannung des Beckenbodens.

Therapie mit Elektroden und Medikamente

Neben dem klassischen Beckenbodentraining beweisen Studien die positive Auswirkung elektrischer Impulse zur Stimulation der Beckenbodenmuskulatur auf das Syndrom der überaktiven Blase. Hierbei platziert der behandelnde Arzt eine Elektrode im After oder in der Scheide beziehungsweise eine Elektrodennadel in einem Nerv im Bereich des Knöchels. Der Stromimpuls verringert die Aktivität des Blasenmuskels.

Daneben gibt es die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung mit sogenannten Anticholinergika. Sie blockieren Rezeptoren am Muskel der Blase – und vermindern auf diese Art und Weise dessen Aktivität. Zur Auswahl stehen Wirkstoffe wie Tolterodin, Darifenacin und Trospiumchlorid.

Bei Frauen führen darüber hinaus auch in der Scheide angewendete Östrogenpräparate nicht selten zu einer Besserung. Das Problem: Anticholinergika wirken zwar gut gegen die Symptome der Reizblase – haben aber auch zahlreiche Nebenwirkungen, so beispielsweise Übelkeit, Verstopfung, Herzrasen, Mundtrockenheit und Erhöhung des Augeninnendrucks. Es empfiehlt sich daher eine gewisse Vorsicht in der Dosierung.

Operation als letzte Option

Ob nun Medikamente oder Beckenbodentraining – die Therapie einer Reizblase erfordert viel Geduld. Selbst Medikamente wirken erst nach einigen Wochen. Vollständig heilbar ist das Krankheitsbild nur in den seltensten Fällen. Bessern sich die Beschwerden der Blasenreizung trotz aller Maßnahmen nicht oder nur unzureichend, gibt es übrigens auch operative Behandlungsmöglichkeiten. Sei es nun das Einspritzen von Botox in die Blasenwand oder das Anbringen von Elektroden an die Nervenenden im Kreuzbein – nicht selten ist eine Operation der letzte Ausweg für Betroffene. Letzte Möglichkeiten beim Versagen aller schonenden Behandlungsmaßnahmen sind ein Harnblasenersatz oder eine Blasenaugmentation – eine operative Vergrößerung der Harnblase.

Reizblase Hausmittel – Naturheilkunde

Für die Wirksamkeit von naturheilkundlichen Mitteln gegen die Symptome der Reizblase gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis. Andersherum spricht aber auch nichts gegen den Versuch der natürlichen Behandlung mittels Homöopathie oder Naturheilkunde. In Sachen Lebensstil empfiehlt sich der Verzicht auf reizende Lebensmittel wie Tomaten, Gewürze, Zitrusfrüchte oder Aroma-, Süß- und Konservierungsstoffe. Dasselbe gilt für den Genuss von Kaffee, Nikotin und Alkohol. Auch Verstopfung verstärkt die Symptome einer Reizblase – und sollte daher weitestgehend vermieden beziehungsweise bekämpft werden. Erhöht ist der Druck auf die Blase auch bei Übergewicht. Wichtig ist ein gleichmäßiges Trinkverhalten über den Tag. Zur Vermeidung nächtlichen Harndrangs empfiehlt sich der Verzicht auf jegliche Getränke etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen. Trinken Sie jedoch keinesfalls weniger als eineinhalb Liter Flüssigkeit pro Tag, das reizt die Blase zusätzlich durch den sehr konzentrierten Harn.

Symptome abklären – Es könnte auch etwas anderes dahinter stecken!

Der Definition zufolge darf im Falle einer Reizblase keine anormale Veränderung der Genitalien, der Harnwege, des Nervensystems, des Stoffwechsels oder des Hormonsystems vorliegen. Es gibt jedoch zahlreiche Krankheiten, die sich durch ähnliche Symptome wie eine Reizblase – nämlich durch ständigen, unkontrollierbaren Harndrang – äußern. Zu ihnen gehört die Blasenentzündung genauso wie die Prostatavergrößerung. So oder so empfiehlt sich ein frühzeitiger Gang zum Arzt. Bei Frauen ist der Frauenarzt oder das Kontinenzzentrum, bei Männern der Urologe der erste Ansprechpartner.

Grundsätzlich gilt: Je länger das Syndrom der überaktiven Blase unbehandelt bleibt, desto aufwendiger ist die Behandlung des Krankheitsbildes. Denn häufige Toilettengänge führen zum Schrumpfen der Blase, die dann bei noch kleineren Mengen Harndrang meldet. Ein Teufelskreis, denn dann müssen Betroffene noch häufiger zur Toilette.

Trockene und nasse Reizblase

Bei einer Reizblase meldet die Blase ständig dringenden und plötzlichen Harndrang – und das auch im Falle nur geringer Blasenfüllung. Typischerweise lassen Betroffene dennoch nur geringe Mengen Urin. Manche Patienten verlieren zudem unwillkürlich Urin; man unterscheidet daher zwischen einer trockenen Reizblase und einer nassen Reizblase in Verbindung mit Blasenschwäche (Dranginkontinenz). Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen sind hingegen eher charakteristisch für eine Blasenentzündung beziehungsweise eine andere Art der Harnwegsinfektion.

Beispiel für einen typischen Erfahrungsbericht bei Reizblase

Frau Meißner ist Mitte 50 und eine aktive Frau, die mitten im Leben steht. Vorerkrankungen hat sie bisher keine gehabt. Das einzige, was Frau Meißner zu Schaffen macht, ist dass sie ständig zur Toilette muss. Ihr Mann kommentiert schon ihre ständigen Toilettenbesuche, vor allem wenn sie unterwegs sind. Sie schafft es meist nicht länger als eine Stunde ohne einen Toilettengang. Was mit einer lästigen Angewohnheit anfing, wird jedoch zunehmend zur Belastung für Frau Meißner. Sie kann einfach nicht länger aushalten und noch schlimmer, die Intervalle werden kürzer. Ständig hat sie das Gefühl sehr dringend zur Toilette zu müssen. Wenn sie dann uriniert, kommt aber keine allzu große Menge dabei heraus. Immer meldet ihre Blase dringenden Harndrang, so dass sie Angst hat, dass etwas daneben geht. Eine Blasenentzündung konnte bereits ausgeschlossen werden, daher veranlasst der Hausarzt weitere Untersuchungen. Eine Blasenspiegelung, Ultraschall und sämtliche Urintests werden gemacht. Frau Meißner ist augenscheinlich gesund. Der Drang zu urinieren jedoch bleibt. Frau Meißner hat bald keinen Antrieb mehr das Haus zu verlassen. Sie ist die Kommentare leid, dass sie immer alle Aktivitäten durch einen Toilettengang unterbrechen muss. Lange Autofahrten meidet sie ebenfalls, da oft nicht schnell genug ein Rastplatz in der Nähe ist. Dann eines Tages schneidet Frau Meißners Mann einen Artikel aus einer Zeitschrift aus und legt ihn ihr auf den Küchentisch. Die Überschrift lautet: “Reizblase”. Frau Meißner liest und erkennt sich immer mehr im Geschriebenen wieder. Sie geht mit dem Artikel zu einem Urologen. Dieser nimmt sich endlich Zeit und berät Frau Meißner zu ihrem Problem. Sie erfährt, dass ihre Blase Fehlmeldungen zum Urinstand gibt und dass man mit einigen Tricks dagegen arbeiten kann. Nun beginnt sie ein Blasentraining und ein Beckenbodentraining. Außerdem empfiehlt der Arzt Frau Meißner ein paar dünne Einlagen, die sie auf langen Ausflügen, oder Autofahrten einlegen soll. Nach ein paar Wochen schon kann Frau Meißner endlich etwas länger aushalten. Sie weiß, dass die Reizblase wahrscheinlich nicht vollständig verschwindet, sie kann aber besser damit umgehen und geht dadurch selbstbewusster durch den Alltag.


Zuletzt geändert:

Quellen

https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/overactive-bladder/symptoms-causes/syc-20355715

https://my.clevelandclinic.org/health/diseases/14248-overactive-bladder

Nora Rost ist studierte Pflegewissenschaftlerin, Krankenschwester und Redakteurin bei INSENIO. Seit 2015 berät sie Betroffene und pflegende Angehörige zu Inkontinenz und Pflege. Ihr wertvolles Wissen und die jahrelange Erfahrung aus Kliniken und Pflegeheimen dokumentiert sie im INSENIO Ratgeber in umfangreichen Ratgeber-Texten.